Demokratie erleben Betzavta Basismodul für Multiplikator:innen
Im Oktober 2024 kamen vierzehn Engagierte aus der Jugendbildungsarbeit zusammen, um sich in einem Demokratie Workshop auf eine fünftägige Selbsterfahrung der Demokratiebildung einzulassen. Betzavta (hebräisch: Miteinander) ist ein erlebnisorientierter Ansatz der politischen Bildung, der 1988 am Jerusalemer Adam Institute for Democracy and Peace von Uki Maroshek-Klarman entwickelt wurde und seit vielen Jahren auch in Deutschland durch zertifizierte Trainer:innen praktiziert wird. Jeder Mensch hat prinzipiell das gleiche Recht auf freie Entfaltung.
Aufbauend auf dieser demokratischen Grundannahme, soll immer wieder das Verhältnis zwischen Gleichheit und Freiheit im Miteinander kritisch beleuchtet werden. Im Seminarverlauf wurden dazu systematisch inhaltliche Auseinandersetzungen zu Themen wie z.B. Grundrechte, Mehr- und Minderheiten oder Freiheit mit gruppendynamischen Prozessen zusammengeführt. Wie wurden Entscheidungen innerhalb der eigenen Gruppe gefällt? Welche Handlungsprinzipien lagen dem Gruppenprozess zu Grunde? Wessen Freiheit wurde gefördert, wessen eingeschränkt? Dabei ging es nicht um das Aufzeigen eines moralischen Zeigefingers. Vielmehr sollten die Teilnehmer:innen dazu ermutigt und befähigt werden, Dilemmata zu erspüren, die sich unvermeidlich aus dem gleichen Recht jedes Menschen auf freie Entfaltung ergeben. Durch das eigene Erleben wurde der Weg geebnet, kreative Lösungen zu finden, die einem demokratischen Miteinander möglichst nahekommen.
Wie können wir heute Demokratie erleben?
Eine Frage der Demokratiebildung
Zu Beginn der Woche stand die Sensibilisierung der Teilnehmer:innen für demokratierelevante Dilemmata im Vordergrund. Beispielhaft sei hier die „Zettelübung“ genannt, bei der nach vorgegebener Zeit eine Regel für die gesamte Gruppe und Seminarwoche verkündet werden sollte. Im Rahmen der Reflexion wurde beleuchtet, inwiefern es Regeln im Miteinander braucht, welchen Einfluss die Rahmenbedingungen wie die zeitliche Beschränkung auf die Entscheidungsfindung hatten oder welche stillen Vorannahmen die Handlungen der Beteiligten leiteten.
In der zweiten Wochenhälfte wurde der Blick auf Machtdynamiken innerhalb der eigenen Gruppe forciert. Welche Eigenschaften und Gruppenzugehörigkeiten führen zur Bevorzugung bzw. Benachteiligung im Miteinander? Inwiefern wird damit das gleiche Recht auf freie Entfaltung systematisch verzerrt? Mit welchen Kategorien wollen wir uns als Gruppe beschäftigen und wem nützt die Auseinandersetzung?
Die Gruppe hat sich auf eine intensive und teils emotionale Auseinandersetzung eingelassen und um ein möglichst demokratisches Miteinander gerungen. Dabei wurde fortwährend ein kritischer Blick auf jene Aspekte im eigenen Handeln und Denken geworfen, die die Freiheit und Gleichheit aller Beteiligten berührten. Die Rückmeldungen haben gezeigt, dass eine spürbare Sensibilisierung für demokratierelevante Dilemmata erzielt werden konnte. Der Blick der Teilnehmer:innen für die politischen Dimensionen und den eigenen Gestaltungsspielraum im privaten und beruflichen Alltag konnte geschärft werden.
Veranstalter: Jugendbildungsstätte Haus «Maria Frieden», Rulle
Seminarleitung: Anna Hürten, Susanne Ulrich und Carolin Decker
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