Was ist Victim Blaming? – einfach erklärt

Victim Blaming – oder Täter-Opfer-Umkehr – bedeutet, dass die Schuld für Gewalt oder Übergriffe nicht bei den Täterinnen und Tätern gesucht wird, sondern bei den Opfern. Statt Verantwortung dort zu tragen, wo sie hingehört, wird das Verhalten der betroffenen Person hinterfragt: Was hatte sie an? Warum war sie dort? Warum hat sie nicht früher etwas gesagt? So wird das eigentliche Unrecht verschoben – weg von den Täter*innen, hin zu denjenigen, die ohnehin schon verletzt wurden. Dieses Muster zeigt sich überall: bei sexueller Gewalt, häuslicher Gewalt, rassistischen Angriffen oder auch bei Betrugsfällen.

Mann blickt auf Victim Blaming Opfer herunter

Täter-Opfer-Umkehr: Wie entsteht Victim Blaming?

Victim Blaming basiert auf der Annahme, dass das Opfer durch sein Verhalten oder Erscheinungsbild die Tat provoziert hat. Dies kann zum Beispiel so aussehen, dass einer Frau, die Opfer einer Vergewaltigung geworden ist, vorgeworfen wird, sie habe sich „zu aufreizend“ gekleidet oder sich nicht genug gewehrt. 👉 Die eigentliche Schuld des Täters wird dabei verharmlost oder sogar ignoriert.

Diese Form der Täter-Opfer-Umkehr verschiebt die Verantwortung auf das Opfer und erklärt es zum Mittäter oder Hauptverantwortlichen. Das Problem dabei ist, dass es keine „Mitschuld“ des Opfers gibt. Egal, wie das Verhalten oder die Umstände des Opfers ausgesehen haben mögen, die Verantwortung für eine Straftat liegt immer bei der Person, die sie verübt hat.

Victim Blaming im Alltag

Das Phänomen der Täter-Opfer-Umkehr begegnet uns nicht nur im Alltag, sondern auch in institutionellen Strukturen wie Gerichten. In Verhandlungen von Sexualdelikten kommt es nicht selten vor, dass dem Opfer Vorwürfe gemacht werden, es habe nicht „angemessen“ reagiert oder die Tat durch bestimmtes Verhalten begünstigt. Solche Vorurteile können dazu führen, dass Opfern von sexualisierter Gewalt weniger Glauben geschenkt wird.

Aber auch wenn jemand Opfer eines Betrugs wird, heißt es oft: „Wie konnte man nur so leichtgläubig sein?“ Diese Aussagen verkennen, dass der Täter bewusst Manipulationsstrategien anwendet, um das Opfer zu täuschen. Das Problem liegt nicht beim Opfer, sondern in der bewussten Täuschung durch den Betrüger.

Die Folgen von Victim Blaming

Die Auswirkungen auf Betroffene sind gravierend. Anstatt als Opfer unterstützt zu werden, fühlen sie sich häufig isoliert und beschämt. Diese Scham kann dazu führen, dass sie sich nicht trauen, Hilfe zu suchen, eine Anzeige zu erstatten oder mit anderen über das Erlebte zu sprechen. Die Polizei hat es dadurch schwerer, die Täter zu überführen, da konkrete Hinweise und Aussagen fehlen.

Auch das Leid der Betroffenen wird durch Victim Blaming verstärkt. Die psychischen Folgen eines Übergriffs werden dadurch potenziert, dass das Opfer nicht nur mit dem Trauma der Tat umgehen muss, sondern auch mit dem Gefühl, für das Geschehene verantwortlich gemacht zu werden.

Victim Blaming ist eine manipulative Strategie

Victim Blaming kann auch als subtile Form der Manipulation verstanden werden. In vielen Fällen dient es dazu, Machtverhältnisse zu bewahren und die Verantwortung von den Tätern zu lenken. Indem die Wahrnehmung des Opfers infrage gestellt wird, wird suggeriert, das Opfer übertreibe oder dramatisiere die Situation. Dieses Verhalten tritt nicht nur bei Männern, sondern auch bei Frauen auf und kann in vielen verschiedenen Beziehungen und Kontexten stattfinden, wie z. B. in narzisstischen Beziehungen, in denen der Täter das Opfer systematisch manipuliert.

Wie können Sie sich gegen Victim Blaming schützen?

Lassen Sie sich nicht in die Täterrolle drängen! Es ist wichtig, sich bewusst zu machen, dass die Verantwortung für eine Tat immer bei der Person liegt, die sie begangen hat. Wenn man der Logik von Täter-Opfer-Umkehr folgt, entsteht der falsche Eindruck, dass ein „richtiges“ Verhalten des Opfers die Tat hätte verhindern können. Das ist jedoch ein trügerischer Gedanke.
Es ist von zentraler Bedeutung, dass die Gesellschaft Opfer von Straftaten unterstützt und nicht die Täter in Schutz nimmt. Indem wir die Schuldfrage richtig stellen, verhindern wir, dass das Leid der Betroffenen weiter verstärkt wird. Täter müssen für ihr Handeln zur Rechenschaft gezogen werden, und Opfer sollten die Unterstützung erhalten, die sie brauchen.

Victim Blaming geht auch mit der emotionalen Manipulationsform „Gaslighting“ hinzu. Hier können Sie mehr dazu lesen.

Falls Sie von der Thematik betroffen sind, finden Sie hier eine Anlaufstelle, an die Sie sich wenden können.