Adolescence: Was sind Incels – und warum spielt die Netflix-Serie eine wichtige Rolle?

Die Netflix-Serie Adolescence beleuchtet ein düsteres, aber gesellschaftlich relevantes Thema: die Incel-Bewegung. Doch was sind Incels, wie entstehen sie – und warum ist diese Thematik gerade für Jugendliche in der Adoleszenz (engl. Adolescence) so gefährlich? Wir erklären, als Stiftung respektplus, warum Aufklärung wichtiger denn je ist.

Adolescence Netflix Protagonist sitzend in ein Raum

Was sind Incels?

Der Begriff Incel steht für „involuntary celibate“, was übersetzt „unfreiwillig sexuell enthaltsam“ bedeutet. Ursprünglich als neutrale Selbstbeschreibung gedacht, entwickelte sich der Begriff schnell zu einem Label einer radikalisierten Subkultur. Incels sehen sich selbst als Opfer gesellschaftlicher Ungerechtigkeit, weil sie – ihrer Ansicht nach – von sexuellen und romantischen Beziehungen ausgeschlossen werden. Ihre Überzeugungen sind oft geprägt von tiefem Frauenhass, Verschwörungsmythen und einer extremen Hierarchisierung von Menschen nach Attraktivität. (Weitere Infos zum Wort hier)

In der Incel-Ideologie gelten attraktive Männer („Chads“) und Frauen („Stacys“) als Feindbilder. Die eigene Isolation wird nicht als individuelles Problem, sondern als Resultat gesellschaftlicher Veränderungen wie Feminismus oder Liberalismus interpretiert. Besonders alarmierend ist, dass sich in Incel-Foren häufig Gewaltfantasien gegenüber Frauen und erfolgreichen Männern finden – und dass diese Radikalisierung in einzelnen Fällen auch zu realen Gewalttaten geführt hat, wie etwa dem Anschlag in Toronto 2018 oder der Tat in Halle 2019.

Online-Communities spielen dabei eine zentrale Rolle: Junge Männer, oft ohnehin von Unsicherheit und sozialer Ausgrenzung betroffen, geraten in Echokammern, die Selbstmitleid und Hass verstärken. Algorithmen, die extreme Inhalte bevorzugt ausspielen, beschleunigen diesen Radikalisierungsprozess zusätzlich.

Adolescence: Wie die Serie die Incel-Problematik aufgreift

Die Netflix-Serie Adolescence greift diese Entwicklungen eindrucksvoll auf. Im Mittelpunkt steht Jamie Miller, ein 13-jähriger Junge, der sich zunehmend aus der realen Welt zurückzieht. Nachdem er Opfer von Mobbing wird und sich sozial isoliert fühlt, gerät er in die Fänge einer frauenfeindlichen Online-Community. Die Serie zeigt eindrücklich, wie sich Jamie radikalisiert und schließlich eine Mitschülerin ermordet – ein Erzählstrang, der deutliche Parallelen zu realen Incel-Fällen aufweist.

Adolescence wirft einen kritischen Blick auf toxische Männlichkeitsbilder, die insbesondere in Online-Foren propagiert werden. Junge Männer wie Jamie bekommen dort vermittelt, dass ihr Wert einzig von ihrem äußeren Erscheinungsbild oder ihrer Dominanz gegenüber Frauen abhängt. Diese einseitigen und destruktiven Ideale tragen maßgeblich dazu bei, dass Unsicherheit in Hass umschlägt.

Besonders realitätsnah zeigt die Serie auch, wie soziale Medien Algorithmen nutzen, die radikale Inhalte verstärken. Jamie wird durch automatisierte Vorschläge immer tiefer in extremistische Echokammern gezogen. Dieser Mechanismus entspricht erschreckend genau den Erkenntnissen aus der Radikalisierungsforschung und unterstreicht die Dringlichkeit, Social-Media-Plattformen stärker in die Verantwortung zu nehmen.

Warum das Thema die Stiftung respektplus betrifft

Für eine Organisation wie die Stiftung respektplus, die sich gegen Gewalt, Diskriminierung und digitale Hetze einsetzt, ist die Auseinandersetzung mit Incel-Phänomenen essenziell. Die Stiftung setzt genau dort an, wo Radikalisierung beginnt: bei der Prävention. Aufklärungsprojekte in Schulen sensibilisieren Jugendliche frühzeitig für die Gefahren von Mobbing, Online-Hass und extremistischen Ideologien. Indem junge Menschen lernen, toxische Geschlechterbilder zu hinterfragen und Empathie zu entwickeln, können gefährliche Radikalisierungsprozesse verhindert werden.

Ein weiterer Schwerpunkt der Arbeit von respektplus ist die psychosoziale Unterstützung Jugendlicher in Krisensituationen. Viele junge Männer, die sich der Incel-Bewegung anschließen, leiden unter Einsamkeit, Identitätskrisen und mangelnder Wertschätzung. Hier helfen niedrigschwellige Angebote dabei, neue Perspektiven zu eröffnen, bevor sich Hass verfestigt.

Was Eltern, Lehrkräfte und die Gesellschaft tun können

Angesichts der Gefahren, die von der Incel-Ideologie ausgehen, ist präventives Handeln gefragt. Eltern und Lehrkräfte sollten sensibilisiert werden, typische Warnzeichen zu erkennen – etwa plötzlichen sozialen Rückzug, frauenfeindliche Aussagen oder intensive Internetnutzung in einschlägigen Foren. Wichtig ist es, das Gespräch zu suchen, alternative positive Rollenbilder aufzuzeigen und Hilfsangebote frühzeitig zugänglich zu machen.

Auch gesellschaftlich braucht es ein Umdenken: Toxische Vorstellungen von „echter Männlichkeit“ müssen durch vielfältigere, empathische und respektvolle Vorbilder ersetzt werden. Nur so kann verhindert werden, dass sich Jugendliche in destruktive Ideologien flüchten.

Fazit

Die Netflix-Serie Adolescence zeigt auf bedrückende Weise, wie Jugendliche in die Incel-Szene abrutschen können – und wie digitale Plattformen diese Entwicklung oft ungewollt verstärken. Die Arbeit der Stiftung respektplus setzt genau dort an: bei der Aufklärung, der Förderung von Respekt und der Prävention von Gewalt. Jeder verhinderte Fall von Radikalisierung ist ein wichtiger Beitrag zum Schutz unserer demokratischen Gesellschaft. Es liegt an uns allen, genau hinzusehen und rechtzeitig zu handeln.